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"BLogbuch"

reisetagebuch graphic under sails

November 12th, 2017

11/12/2017

2 Comments

 

Tupfer, Schere, Klemme.
Eine Operation am offenen Herzen...

Es ist eine friedliche Zeit hier in Kalamata. Wind und Wellen sind durchwegs zu viel und aus der falschen Richtung, so das man sich über eine Weiterfahrt keine Gedanken zu machen braucht und man Zeit hat für andere Dinge. Der eine Tag in Ruhe, mit einem guten Buch und heißen Tee am Ofen, war herrlich. Aber bereits am zweiten Abend nach dem der Ofen installiert war, hatte ich einen leichten Dieselgeruch im Schiff vernommen, was mich beunruhigte. Selbstverständlich war sofort der neue Ofen der Hauptverdächtige, doch der Geruch kam eindeutig aus dem Motorraum. Kurz vorm ins Bett gehen also noch mit der Stirnlampe den Motorraum inspiziert. Aha! An der Dieselpumpe hängt ein Tropfen. Das hatten wir ja schon mal...
Bild
Das offene Herz. Wir brauchen ein Spenderorgan.
Wegen einem kleinen Leck an der Zuleitung in die Dieselpumpe haben wir bereits in Montenegro einen Mechaniker zu rate gezogen. Nur ein kleines Leck. Vielleicht sollte man es nicht mal Leck nennen. Ein Tropfen Diesel in einer Stunde tropfte in die Motorbilge. Für den Motormechaniker war damals überhaupt nicht verständlich was wir eigentlich wollten. "Das ist normal" meinte er. "Das ist ein Motor". Wir wollten das aber nicht als normal hinnehmen und haben ihn überzeugt daß das behoben werden muss. Schließlich leben wir mit diesem Motor Tür an Tür. Somit hat er sich dann überreden lassen alles richtig abzudichten und danach alles wieder zuzuschrauben.

Er hat auch alles wieder zugeschraubt musste ich feststellen. So fest zugeschraubt, das er das Alugewinde in der Dieselpumpe beinahe überzogen hat. Man muss eigentlich von präzision sprechen. Er hat es echt geschafft das Gewinde so dicht, bzw. blank zu ziehen, das es gerade noch nicht von selbst herausgefallen ist. Was soll man sagen, ein halbes Jahr hat´s gehalten. Doch die kleine Umdrehung, welche ich vor Tagen, nachts um 22 Uhr selbst noch gemacht habe, war zu viel. Schon hatte ich alles in der Hand und der Diesel kam nicht mehr nur getropft sondern rausgelaufen. Na Bravo.
Statt ins Bett zu gehen habe ich dann also noch eine Stunde mit der Stirnlampe im Motorrraum gelegen um den Dieselfluss zu stoppen. Wie in der Notaufnahme. Patient mit Herzproblemen blutet aus der Aorta! Man glaubt ja gar nicht wie viele Liter Diesel da noch in den Filtern, Leitungen und Pumpen ist. Obwohl der Haupthahn schon zugedreht war lief und lief das endlos weiter. Das Abdichten der nun offenen Leitungen ist mir dann nach einer Weile schon geglückt, aber natürlich ist mir bereits soviel über die Hände und in die Motorbilge (die Auffangwanne unter dem Motor) gelaufen daß das ganze Schiff nur noch nach Diesel gestunken hat. Ich vergleiche diesen "Eingriff" durchaus mit einer Operation am offenen Herzen. "Der Patient hat viel Blut verloren. Schwester, bringen Sie Eimer und Wischlappen..."

Nach der Operation hab ich die Nacht in der Bugkoje, beim Johannes im Bett, versucht zu schlafen. Bis dorthin, abgeschottet von zwei Türen, war der Dieselgeruch nicht vorgedrungen. Leider ist dieses Bett, bzw der Raum, für mich etwa 5 cm zu kurz. Was für eine Nacht...

Die darauf folgenden Tage habe ich schließlich damit zugebracht den "Patienten" wieder fit zu bekommen. Ein neues Organ, oder eine Spenderpumpe war schwer zu bekommen. Eigentlich brauchte die alte Pumpe ja nur ein neues Gewinde. Pumpen tut sie ja noch hervorragend. Ich habe also einen Metallspezialisten kontaktiert und Ihm die Situation geschildert. Der meinte nur "etaxi", kein Problem. Bereits am Tag darauf hatte ich die Pumpe mit neuem Gewinde + angepasster Schraube in der Hand. Kostet 35 Euro. Saubere Arbeit, da kann man nix sagen, und die Schraube sitzt perfekt. Er hat das alte Gewinde rausgebohrt, ein Stück Alu eingesetzt, in dieses neue Alu ein Gewinde reingeschnitten und die alte Schraube auch gleich noch angepasst. Genau so habe ich mir das vorgestellt. Nur, was ist den das?

Als ich schon dabei war, die neue Pumpe anzuschrauben sehe ich durch die Öffnung Aluspäne in der Pumpe! Das ist natürlich sehr schlecht. "Schwester, wir brechen die OP ab" Es kann den Tod für den Patienten bedeuten. Klumpen in der Blutbahn führt auf jedenfall zu Herzstillstand. Ich versuche die Aluspäne aus dem Pumpengehäuse zu friemeln. Sie sind hartnäckig und bewegen sich keinen Millimeter. Also muss ich die Pumpe öffnen. Das wollte ich eigentlich vermeiden, denn wenn mir jetzt gleich all die kleinen Federn und Plättchen und Kleinteile entgegenkommen, wird es trotz Werkstatthandbuch echt schwer die wieder funktionstüchtig zusammenzusetzten. Ich erinnere mich da an die Wasserpumpe. Doch, hilft alles nix. Ich muss sie aufschrauben. Das Innenleben der Pumpe bringt ein interessantes Bild zum vorschein. Der Kollege hat mit seinem Bohrer scheinbar ganz ordendlich gewütet. Als er das Gewinde aufgebohrt hat muss er mit seinem laufenden Bohrer noch ordendlich in der Pumpe umgerührt haben, denn hier ist alles was mit feinmechanik zu tun hat, kurz und klein gehächselt und verbogen. Die Aluspäne, die ich dachte erkannt zu haben ist in wirklichkeit das aufgebohrte, zerfetzte Innenleben einer ehemaligen Dieselpumpe!
Ich erwische meinen Mechaniker gerade noch am Nachbarsteg (er "repariert" dort gerade den Motor einer anderen Jacht) und zeige Ihm die geöffnete, zerstörte Pumpe. Allen ernstes meinte er: "ah, it´s not so bad" ich soll sie mal einbauen, kann ja sein das sie trotzdem noch funktioniert.... !!!???

...er hat dann schon ziemlich schnell verstanden das ich das nicht so witzig fand. Jedenfalls sind wir jetzt zusammen, auf der Stelle, mit seinem Auto, losgefahren um eine neue Pumpe aufzutreiben. Ich meine... gehts noch oder?

Der Motor läuft jetzt wieder. Die neue Dieselpumpe (ich hatte Sie natürlich erst falsch herum eingebaut) pumpt wieder Diesel in den Motor und dieser läuft wie eh und je. Heute morgen hatte ich die letzte Motor- und Bilgenreinigung vollzogen. Bleiben noch die schwarzen Ränder unter den Nägel. Was für eine Aktion

Achja, das eigentliche Problem, das Dieselleck, ist somit tatsächlich auch behoben.
Operation gelungen, Patient lebt.

lg aus Kalamata
Andy
2 Comments
ulli reintke
11/20/2017 12:13:53 pm

hallo andy
deine segelturnreiseberichte werden ja immer aufregender und spannender, aber wie ich gelesen habe schaffst du es ja immer wieder. weiterhin viel glück. vor zwei wochen war ich für eine nacht in unterwinden, mit eva,feli und assi,habe ich gefrühstückt, die zeit war aber zu knapp um mehr von eurer zeit auf dem schiff zu erfahren. johannes war nicht da, er war bei deiner mama, er hätte bestimmt viel zu erzählen gehabt. mein job bei der hochriesbahn ist seit anfang november zu ende, ich bin zur zeit zu hause, also habe ich immer wieder mal zeit dich auf dem schiff per internet zu besuchen. l.g. bis zum nächstenmal ulli aus abersdorf

Reply
Padnea
11/20/2017 12:18:40 pm

Servus Ulli,
schön von dir zu hören. Danke für deine Anteilnahme ;)
Morgen segle ich weiter und berichte selbstverständlich wenns was neues gibt.

Wir sehen uns bestimmt um Weihnachten.
Alle Gute derweil.

schöne Grüße
Andy

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